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DORF IN DER STADT
LEOPOLDAUER GEMÜSE UND SCHWEINE


23. Juni 23

Ein kleiner Faktencheck ...

Von allen land- und forstwirtschaftlichen Betrieben in Österreich, das sind 155.000, sind gerade einmal 0.42% in Wien angesiedelt, also 650 Betriebe. Dabei wäre die Nähe zu Ballungsräumen für eine regionale Versorgung sinnvoll. Immerhin verbraucht jede:r einzelne von uns 118 kg Gemüse pro Jahr und nur etwa die Hälfte davon kann Österreich durch Eigenproduktion abdecken.

Die Wurzeln unseres Essens führen uns auch diesmal nicht weit auf das Land hinaus – genauer gesagt, wir bleiben in Wien. Am Leopoldauer Platz des 21. Wiener Gemeindebezirks sind gleich zwei Bio-Bauernhöfe angesiedelt, die wir uns diesen Freitag genauer ansehen werden.  Bio-Gemüse seit 1989 und süße Ferkel im neuen Außenklimastall für Zuchtschweine erwarten uns an diesem Freitag.

 

BIOHOF PROHASKA,
Leopoldauer Platz 4
, 1210 Wien

Um 15 Uhr treffen wir uns unter dem Walnussbaum im Garten der Familie Prohaska. Der Hof am Leopoldauer Platz 4 ist eingefasst von Wohnhäusern zu fast allen Seiten. Ländliches Ambiente ist von der Straßenkreuzung aus kaum zu erahnen, doch einmal durch die Türe und die Großstadt Wien bleibt hinter einer/einem zurück.

Grete Prohaska, deren Familie der Hof bereits seit mehreren Generationen gehört, erzählt über die Entwicklungen besonders nach 1989, denn in diesem Jahr übernahm sie zusammen mit ihrem Mann die Landwirtschaft und sie entschieden sich, ab sofort auf Bio-Landbau umzusteigen. Sie sind einer der Wenigen, welche innerhalb der Stadtgrenze bis heute auch noch eine aktive Bauernwirtschaft betreiben. Denn: früher besiedelten ganze 13 Bauernhöfe den Leopoldauer Platz, heute sind es noch fünf (drei davon sind Bio-Betriebe).

Der Umstieg auf biologischen Anbau war für die Prohaskas, ebenso wie für viele andere Bauernhöfe zu der damaligen Zeit ein Experiment, das sie aber nicht alleine versuchen wollten. Durch Austauschgruppen konnte ein gemeinsamer Weg und Zugang zum eigenen Bio-Hof gefunden werden. Heute bestimmen Fruchtfolge, ein schonender Umgang mit dem Boden, durch ein hohes Maß an Handarbeit und die anhaltende Freude am experimentellen Zugang, die Gemüseproduktion. 

AfterWork am Bauernhof_Dorf in der Stadt_(c) ÖKL_230623 (5).JPG

Der Regen kann uns nicht abhalten und wir wandern hinaus zu den Feldern, die sich direkt hinter dem Stadltor befinden. Familieneigentum sind tatsächlich aber nur die Felder, die direkt hinter dem Haus liegen, alle Weiteren sind zusätzlich gepachtet. Insgesamt bewirtschaften die Prohaskas so 43 ha, hauptsächlich befinden diese Flächen sich auch in Gerasdorf. Doch das lässt uns Grete auch wissen: „Den tollsten Ertrag hat man mit einer solch kleinen, gemischten Fläche!“ Denn: Auf einer kleinen Erhöhung zwischen den Gemüsefeldern erfahren wir, dass die nicht einmal einen Hektar große Fläche vor uns, für das gesamte Sommergemüse verwendet wird. Hier finden wir schon u.a. frische Salate, Mangold, Fenchel und rote Rüben. Die Tomaten sind inmitten eines Getreidestreifens angepflanzt und Grete erklärt uns, dass das ein Versuch ist, die Pflanzen vor der Reiswanze zu schützen (verstecken).  

Es geht weiter quer durch die Gemüsebeete, am Kräutergarten vorbei und in die Maschinenhalle, wo wir alle landwirtschaftlichen Geräte die im Gemüsebau zum Einsatz kommen erklärt bekommen.  Zum Abschluss erwartet uns ein liebevoll gedeckter Verkostungstisch im Hofladen. 

Fotos: ÖKL

BIOHOF MAURER,
Leopoldauer Platz 17, 1210 Wien

 

Es geht nochmals auf den „Stadlweg“ hinaus und wir spazieren 200 m den Feldern entlang und sehen schon linker Hand den neuen mobilen Hühnerstall der Familie Maurer. Am Hof werden wir herzlich von Andi und seiner Mama empfangen. Andi betreibt zusammen mit seinen Eltern und seiner Frau seinen noch relativ jungen Hof, denn die Schweinezucht und Mast war für die ganze Familie bis vor kurzem noch Neuland. Insgesamt besitzen sie um die 40 ha Ackerflächen, welche für die eigene Futtermittelproduktion verwendet werden und künftig auch in der hofeigenen Mast eingesetzt werden sollen.

Wir dürfen gleich in den Hof hinein – also mitten ins tierische Geschehen. Der Innenhof ist eigentlich ein einziger Schweineauslauf, mit Suhle und Schattenbaum. Wir begrüßen zuerst die Schweine im Auslauf, dann die zwei Einstellerpferde und gehen zuerst ins Gehege der zahmen und kecken Ziegen, die gleich unsere Herzen öffnen. Jetzt kommt die Hauptattraktion – der großzügige tiergerechte Außenklimastall mit Welser Buchten, wo sich Zuchtschweine mit ihren Ferkeln wohl fühlen. Der große Offenfrontstall umfasst 9 großen Buchten für die Muttersauen mit ihren Würfen. Wobei hier wirklich auf ausreichend Platz geachtet wurde; nicht nur dass die Bio-Auflagen erfüllt sind, sondern die Vorgaben werden um fast das doppelte überschritten! Ihr größter Wurf waren bisher 16 Ferkel, doch da, erklärt uns Andi, sei es schon schwierig dass alle durchkommen. Denn: hat sich ein Ferkel für eine Zitze entschieden hat, bleibt das seine/ihre und hier wird nicht geteilt.

Es folgt eine lebendige, informative Einführung in die Muttersauenhaltung. Neben und vor uns die stets quirligen Ferkelscharen, die neugierig ihre Rüssel zu uns strecken. Die Sauen sind allesamt Schwäbisch-Hällische Landschweine, eine alte Nutztierrasse, die dafür bekannt ist besonders führsorglich mit ihrem Nachwuchs umzugehen. Nach der Befruchtung sind es dann genau 3 Monate 3 Wochen und 3 Tage bis zur Geburt der Ferkel, die dann bis zu maximal 8 Wochen zusammen mit ihrer Mutter eine Bucht bewohnen. Die Jungschweine bekommen über diese Zeit immer mehr zusätzliches Futter und nach den zwei Monaten ist es dann Zeit sie von der Mutter zu trennen, um noch 4 Wochen mit Gleichaltrigen und einem neuen Futterplan am Hof zu bleiben. Danach geht es dann weiter zu dem Mastbetrieb, wo es erst nach zirka 1 ½ Jahren zur Schlachtung kommt. Im Vergleich: in der konventionellen Landwirtschaft wird der ganze Prozess innerhalb von 6 Monaten durchlaufen.

Nach der Befruchtung sind es dann genau 3 Monate 3 Wochen und 3 Tage bis zur Geburt der Ferkel, die dann bis zu maximal 8 Wochen zusammen mit ihrer Mutter eine Bucht bewohnen. Die Jungschweine bekommen über diese Zeit immer mehr zusätzliches Futter und nach den zwei Monaten ist es dann Zeit sie von der Mutter zu trennen, um noch 4 Wochen mit Gleichaltrigen und einem neuen Futterplan am Hof zu bleiben. Danach geht es dann weiter zu dem Mastbetrieb, wo es erst nach zirka 1 ½ Jahren zur Schlachtung kommt. Im Vergleich: in der konventionellen Landwirtschaft wird der ganze Prozess innerhalb von 6 Monaten durchlaufen.

 

Dann bestaunen wir noch den Hauptdarsteller des Geschehens: Meister Eber - ein 225 kg handzahmer Pietrain-Eber. Andi streichelt ihn am Bauch und er legt sich sofort genüsslich hin, um die Streicheleinheiten zu genießen. Die trächtigen Sauen kommen kurz vor der Geburt in die Buchten wo sie sich zurückziehen können und ihr Nest bauen. Die sich bereits in Mutterschaft befindenden Damen Resi, Gundi, Kamilla und Sissi tummeln sich noch im Auslauf herum.
Pro Monat wird ein Mastschwein bei einem befreundeten Betrieb in der Nähe geschlachtet und das Frischfleisch, sowie die Verarbeitungsprodukte werden über den Selbstbedienungsautomaten am Stadlweg vermarktet. Wir können uns bei der Verkostung u.a. vom wunderbaren Speck, dem super guten Selchaufstrich sowie von den kalt gepressten Ölen überzeugen.
Und obwohl es regnerisch und kühl ist, gehen die meisten mit Andi noch zum neuen mobilen Legehennenstall zu den 215 neugierigen Henderln mit ihren zwei Hähnen. Zum krönenden Abschluss dürfen wir noch im Dinkelspelzen-Nest die Eier suchen und abnehmen.  

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Fotos: ÖKL

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