Tofu-Queen & Paradeiser-Kaiser
Mittwoch, 11. September 2024
effiziente Ressourcennutzung im Rahmen von Kreislaufwirtschaft
Fotos: Betriebe
Diesmal starteten wir an einem Mittwoch bei wunderbar herbstlichem Wetter mit dem Gemeinschaftsbus vom Erdberg in Wien in Richtung Burgenland. Unser Ziel war die Ortschaft Frauenkirchen, wo wir zunächst den Bio-Betrieb von Erich & Priska Stekovics besuchten. Hier hatten wir die Gelegenheit, tiefere Einblicke in die ressourceneffiziente Landwirtschaft und Philosophie eines ökologischen Betriebs zu gewinnen.
Anschließend ging es weiter zur Manufaba Tofu Manufaktur. Dort erfuhren wir alles über ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft und Fruchtfolgen mit der Sojabohne, die eine wichtige Rolle im nachhaltigen Anbau spielt.
Während der einstündigen Busfahrt erzählte uns Kornelia Zipper, Projektleiterin von AfterWork am Bauernhof, zahlreiche interessante Daten und Fakten zur österreichischen Landwirtschaft, zu den heutigen Produktschwerpunkten Gemüse und Sojabohne und natürlich zum Themenschwerpunkt: effiziente Ressourcennutzung im Rahmen von Kreislaufwirtschaft. Wir erfuhren, dass in Österreich rund 16.000 Hektar für den Gemüseanbau genutzt werden und dass Tomaten das beliebteste Gemüse der Österreicher:innen sind. Im Durchschnitt verzehrt jede Person in Österreich etwa 124 Kilogramm Gemüse (ohne Erdäpfel) pro Jahr, der Selbstversorgungsgrad bei Gemüse liegt jedoch nur bei 58 %.
Auch der Anbau von Sojabohnen nimmt stetig zu. Mittlerweile ist die Sojabohne die viertwichtigste Ackerkultur des Landes, mit einer Anbaufläche von etwa 80.000 Hektar (in Österreich ist Soja garantiert gentechnikfrei). Als Leguminose hat die Sojabohne eine spezielle Eigenschaft, die sie besonders wertvoll für die Landwirtschaft macht: Dank der sogenannten Knöllchenbakterien ist sie in der Lage, Stickstoff aus der Luft zu binden. Dies macht sie zu einer idealen Pflanze für die Fruchtfolge. Viele weitere spannende Informationen zur Sojabohne und zur Kreislaufwirtschaft sollten wir später noch gemeinsam mit Ludwig Birschitzky von der Manufaba Tofu Manufaktur vertiefen.
Betrieb Erich & Priska Stekovics, Frauenkirchen, Burgenland
"Geschmack erzählt in schönster Weise vom Himmel."
Am Betrieb Stekovics in Frauenkirchen angekommen, werden wir herzlich von Priska Stekovics empfangen, da Erich gerade mit dem Einkochen beschäftigt ist. Priska wird uns heute durch den Betrieb führen und uns in die ressourceneffizienten Anbaumethoden einweihen, die den Bio-Betrieb so besonders machen. Sie erzählt uns, dass Erich, der den Betrieb als Quereinsteiger im Jahr 2000 gegründet hat, heute je nach Saison bis zu 70 Mitarbeiterinnen beschäftigt. Der Betrieb Stekovics ist ein echter „Vielfaltsbetrieb“, was bedeutet, dass hier etwa 7.000 verschiedene Sorten angebaut werden, darunter beeindruckende 3.500 Tomatensorten und 2.000 Chilisorten.
Besonders interessant ist die Anbaumethode, bei der jede Sorte mindestens alle fünf Jahre kultiviert wird. So können die Pflanzen mit den klimatischen Bedingungen „mitlernen“, und dieses Wissen wird in den Samen bewahrt, die anschließend für die nächste Generation genutzt werden.
Zur Vorbereitung auf die anstehende Feldbesichtigung dürfen wir einige der Produkte direkt verkosten. Ob Apfelpaprika, Gänseschnabelchili, Knoblauchblüte oder Maulbeermarmelade – alles schmeckt köstlich und steigert unsere Neugier auf den praktischen Anbau und die Vielfalt, die uns auf den Feldern erwartet.
Nach der Verkostung steigen wir wieder in den Bus und fahren weiter zum Tomatenfeld. Dort wird uns schnell klar, dass wir unser bisheriges Gartenwissen über den Tomatenanbau völlig über Bord werfen müssen. Priska und Erich Stekovics bauen ihre Tomaten nämlich ganz ohne Bewässerung auf Stroh an – eine Methode, die wir so noch nie gesehen haben.
Sie erklären uns den Unterschied zwischen begrenzt wachsenden Tomaten, sogenannten Buschparadeisern, und unbegrenzt wachsenden Sorten. Auf dem Betrieb Stekovics dürfen sich die Tomatenpflanzen großzügig auf 4 bis 6 Quadratmetern ausbreiten. Vor uns steht eine riesige Pflanze mit rund 1.000 Früchten und wir staunen, dass hier weder gegossen noch ausgegeizt oder hochgebunden wird. Diese Methode ist ein Paradebeispiel für ressourcenschonenden Anbau. Das ausgebrachte Stroh speichert die notwendige Feuchtigkeit, und den Tomaten scheint das pannonische Klima im Burgenland perfekt zu gefallen.
Während Tomaten im heimischen Garten als selbstverträglich gelten, wird bei den Stekovics eine Fruchtfolge eingehalten, die uns Priska vor Ort erklärt.
Nach der Feldbesichtigung versammeln wir uns im Obstgarten, wo wir weitere spannende Informationen erhalten – diesmal zum Knoblauchanbau. Priska erklärt uns die wichtigsten Grundlagen, auf die es bei der Pflanzung und Pflege von Knoblauch ankommt. Eine einfache, aber entscheidende Faustregel lautet: 10 cm Pflanztiefe, 10 cm Setzabstand und 10 Monate Reifezeit. Diese „goldene Regel“ garantiert gesunde und kräftige Knoblauchpflanzen.
Mit diesen wertvollen Tipps gehen wir nun mit einem erweiterten Wissen über den ressourcenschonenden Anbau von Gemüse und Obst zurück in den Bus.
Erich & Priska Stekovics
Schäferhof 13
7132 Frauenkirchen
www.stekovics.at
Fotos: ÖKL
Biobetrieb Manufaba, Frauenkirchen, Burgenland
Ludwig Birschitzky empfängt uns herzlich bei seinem Sojafeld und seinem Betrieb, der seit 2002 nach biologischen Prinzipien bewirtschaftet wird. Auf seinen Feldern baut er zu je einem Drittel Qualitätsweizen, Stärkemais und Soja an. Schon bei der Weltausstellung (Wien 1873) bezeichnete der Agrarwissenschaftler Friedrich Haberland die Sojabohne als „Wunderbohne“. Allerdings konnte der Sojaanbau in Österreich erst durch die Entwicklung von Sorten, die an unser Klima angepasst sind, erfolgreich etabliert werden.
Ludwig erläutert uns den Anbauzyklus von Soja anhand einer Fotodokumentation, die das gesamte Anbaujahr auf seinen Feldern abbildet. Gemeinsam besprechen wir die verschiedenen Faktoren, die beim Sojaanbau berücksichtigt werden müssen – von der Bodenbeschaffenheit bis zur Pflege der Pflanzen.
Besonderen Fokus legt Ludwig auf die Bedeutung der Knöllchenbakterien. Diese Bakterien, die an den Wurzeln der Sojabohne leben, sind in der Lage, Stickstoff aus der Luft zu binden und in eine für die Pflanze nutzbare Form umzuwandeln. Dadurch wird der Boden nicht nur angereichert, sondern auch für nachfolgende Pflanzen in der Fruchtfolge verbessert. Diese natürliche Stickstoffzufuhr macht Soja zu einer besonders wertvollen Kulturpflanze im Kreislauf der Landwirtschaft, da sie den Einsatz von Düngemitteln reduziert und die Bodenfruchtbarkeit langfristig steigert.
Ein faszinierendes Detail, das Ludwig uns zeigt, ist die rote Färbung der Knöllchenbakterien. Diese spezielle Farbe ist ein Hinweis darauf, dass die Bakterien aktiv Stickstoff aus der Luft binden und die Pflanze somit optimal versorgt wird.
Wir stehen vor einem Feld, auf dem die Sojabohnen kurz vor der Ernte stehen. Ludwig erklärt, dass die Pflanzen innerhalb weniger Tage ihre Blätter verlieren – ein sicheres Zeichen dafür, dass der Erntezeitpunkt gekommen ist. Ein weiteres Merkmal, das er uns zeigt: Wenn die Sojabohnen bereit zur Ernte sind, beginnen die Schoten zu rascheln, wenn der Wind durch die Reihen weht. Diese kleinen, aber entscheidenden Hinweise helfen Ludwig dabei, den perfekten Moment für die Ernte zu bestimmen.
Ludwig berichtet uns, dass er bei einem durchschnittlichen Ertrag pro Hektar etwa 3.000 kg Sojabohnen gewinnt. In besonders guten Jahren können es sogar bis zu 4.000 kg sein. Ein kleiner Teil seiner Ernte – etwa 1 % – wird von seiner Partnerin Ulla Wittmann für die Tofu-Produktion verwendet. Nach der spannenden Feldbesichtigung erklärt uns Ulla den Prozess der Tofu-Herstellung, von der Sojabohne bis zum fertigen Produkt. Dabei bleibt nichts ungenutzt: Die Reste, die bei der Tofu-Produktion anfallen, werden wieder auf die Felder zurückgeführt und schließen so den Kreislauf der nachhaltigen Landwirtschaft.
Zum Abschluss des Tages dürfen wir die Sojabohnen in Form von Tofu und Tempeh verkosten. Die frischen, handgefertigten Köstlichkeiten lassen uns die Qualität der heimischen Sojaproduktion direkt schmecken.
Ulla Wittmann und Ludwig Birschitzky
Josefistr. 83
7132 Frauenkirchen
www.manufaba.at
Fotos: ÖKL