PANNATURA -
Kreisläufe verstehen
Freitag, 20. September 2024
Foto: M.Koliha
Das heutige AfterWork-Event führt uns nach Donnerskirchen im Bezirk Eisenstadt, wo wir das Bio-Landgut Esterhazy PANNATURA besuchen.
Wir werden von Kristina Weiß durch das Bio-Landgut geführt und haben die Möglichkeit, mit der Landwirtschaftsexpertin DI Elisabeth Winkler den 10-Jahres-Fruchtfolge-Kreislauf anschaulich zu besprechen. Dabei werden wir uns intensiv mit dem Konzept der Kreislaufwirtschaft auseinandersetzen. PANNATURA, die Marke des Bio-Landguts Esterhazy, vereint übrigens Landwirtschaft und Forstwirtschaft und steht für nachhaltiges Wirtschaften.
Zu Beginn der Landpartie stimmt uns Kornelia Zipper während der Busfahrt auf das Thema der österreichischen Landwirtschaft ein. Sie informiert uns über die Zahlen des Grünen Berichts 2024, laut dem es in Österreich 155.000 land- und forstwirtschaftliche Betriebe gibt. Davon sind rund 110.000 Betriebe im Invekos-System erfasst. Ca. 25 % der landwirtschaftlichen Betriebe wirtschaften nach biologischen Standards und 75 % arbeiten konventionell.
Um uns optimal auf den Tag vorzubereiten, besprechen wir gemeinsam einige zentrale Begriffe, die heute eine Rolle spielen werden. Eine der ersten Fragen lautet: "Was bedeutet eigentlich Kreislaufwirtschaft?" Die Teilnehmer:innen haben hierzu sofort viele Ideen und Gedanken, und es fallen Begriffe wie „ressourcenschonend“, „Permakultur“, „regenerativ“ und „Unabhängigkeit“.
Per Definition versteht man unter Kreislaufwirtschaft ein regeneratives System, bei dem Energie- und Materialkreisläufe geschlossen oder zumindest verringert werden. Der Begriff stammt ursprünglich aus der Ökonomie und wurde in den 1990er Jahren vom britischen Wirtschaftswissenschaftler David W. Pearce geprägt. Ab der industriellen Revolution hat sich die Landwirtschaft zunehmend zu einer Linearwirtschaft entwickelt, bei der Ressourcen verbraucht und Abfallprodukte nicht mehr zurückgeführt werden. Doch mittlerweile wird Kreislaufwirtschaft seit Jahrzehnten in der Land- und Forstwirtschaft wieder angestrebt, weil sie ist entscheidend für Nachhaltigkeit, Effizienz und Kostenersparnis.
Ein weiterer wichtiger Begriff, den wir heute vertiefen wollen, ist die Fruchtfolge, auch bekannt als Felderwirtschaft. Bereits zur Zeit von Karl dem Großen war die 3-Felder-Wirtschaft weit verbreitet: Eine Abfolge von Wintergetreide, Sommergetreide und einer Brache diente dazu, die Böden zu schonen und ihre Fruchtbarkeit zu erhalten. Die Teilnehmer:innen vermuten bereits richtig: "Fruchtfolge bedeutet das abwechselnde Anpflanzen verschiedener Pflanzenarten, was zur Bodenfruchtbarkeit und Humusbildung beiträgt."
Zusammengefasst beschreibt die Fruchtfolge die zeitliche Abfolge von Nutzpflanzen, die auf landwirtschaftlichen Flächen im Laufe der Vegetationsperioden und Jahre angebaut werden. Sie spielt eine wichtige Rolle für die Bodenfruchtbarkeit, die Düngung und den Humusaufbau. Sowohl in Bio-Betrieben als auch in konventionellen Betrieben ist die Einhaltung einer Fruchtfolge ein gängiger Standard.
Ein interessanter Fakt, der uns sicherlich noch zum Nachdenken anregen wird: Der Aufbau von nur einem Zentimeter Humus kann bis zu 100 Jahre dauern.
Bio-Landgut Esterhazy PANNATURA, Donnerskirchen, Burgenland
Bei unserer Ankunft am Bio-Landgut Esterhazy in Donnerskirchen, auch bekannt als Seehof, werden wir herzlich von Kristina Weiß und DI Elisabeth Winkler empfangen. Unsere erste Station ist die Besichtigung der "Schilffabrik", wo uns Kristina einen umfassenden Überblick über das Bio-Landgut und dessen geschichtlichen Hintergrund gibt.
Das Bio-Landgut Esterhazy, das seit 1675 in seiner ursprünglichen Form besteht, wurde in den letzten Jahren kontinuierlich modernisiert. Hier wird versucht, Natur und Wirtschaft in Einklang zu bringen, eine Aufgabe die auf allen Flächen, seien es Wälder, Felder oder Wasserflächen, bewältigt wird. Mit etwa 44.000 Hektar ist Esterhazy der größte private Grundbesitzer Österreichs. Die Flächen bieten ein breites Spektrum: von Wäldern und landwirtschaftlichen Nutzflächen über Naturschutzgebiete und Wasserflächen bis hin zu Schilfgebieten und Hutweiden.
Die Erzeugnisse des Esterhazy-Landguts umfassen Rohstoffe aus Forstwirtschaft, Landwirtschaft und Gesteinsabbau. In den letzten Jahren wurde auch verstärkt auf die Veredelung von Lebensmitteln gesetzt. Mittlerweile gibt es auch das Restaurant Gogosch vor Ort welches die eigenen Erzeugnisse (aus Landwirtschaft und Fleischverarbeitung) anbietet.
Esterhazy spielt seit Jahrhunderten eine wichtige wirtschaftliche Rolle, besonders in der pannonischen Region. Nach dem Tod von Dr. Paul Esterházy 1989 übernahm seine Gattin Melinda das Erbe und gründete 1994 drei Privatstiftungen, um den Erhalt der Kulturgüter und das wirtschaftliche Wachstum zu sichern. Dazu zählen u.a. die Burg Forchtenstein, Schloss Eisenstadt und der Steinbruch St. Margarethen. Im Zuge der Neustrukturierung wurde 2001 die Esterhazy Betriebe GmbH gegründet, die 2023 in die Esterhazy Betriebe AG umgewandelt wurde, um langfristiges Wachstum zu gewährleisten.
Nach diesen spannenden Einblicken übernimmt die Landwirtschaftsexpertin Elisabeth Winkler und führt uns zu unserer ersten Station: den 250 Legehennen, die hier auf dem Hof gehalten werden. Interessant ist, dass seit Herbst 2020 auch Ziegen als „Bodyguards“ zum Schutz vor Raubvögeln eingesetzt werden – insbesondere Habichte werden durch die Ziegen abgeschreckt. Insgesamt bewirtschaftet Pannatura eine landwirtschaftliche Fläche von 3.100 Hektar an den Standorten Donnerskirchen und im Seewinkel.
Unser nächstes Ziel ist das Herzstück unserer Landpartie - der 10-Jahres-Fruchtfolgezyklus, der speziell für die Bio-Feldtage angelegt wurde. Die Teilnehmer:innen dürfen raten, welche Kulturpflanzen auf den verschiedenen Feldern wachsen, bevor wir mit Elisabeth besprechen, warum jede einzelne Pflanze für die Fruchtfolge gewählt wurde und welche Vorteile das mit sich bringt. Besonders spannend: Diese Fruchtfolge wird in großem Maßstab umgesetzt, auch wenn es unmöglich ist, den Anbau für 10 Jahre im Voraus zu planen, da das Wetter oft die Auswahl der Kulturen beeinflusst.
Der Fruchtfolge 10-Jahres-Kreislauf umfasst folgende Pflanzen: Kleegras im 1. und 2. Jahr, Weizen mit hohem Proteingehalt im 3. Jahr, Mais im 4. Jahr, Sonnenblumen im 5. Jahr, Wintererbsen im 6. Jahr, Gerste im 7. Jahr, Sojabohnen im 8. Jahr, schließlich Roggen im 9. Jahr und Kürbis im 10. Jahr. Dabei lernen wir, dass Leguminosen in der Fruchtfolge eine wichtige Rolle spielen, da sie mit den Knöllchenbakterien auf ihren Wurzeln den Boden mit Stickstoff anreichern.
Elisabeth berichtet auch von Experimenten mit Mischkulturen, wie dem Streifenanbau. Dabei werden große Felder, die oft 20 bis 30 Hektar umfassen, in Streifen unterteilt, auf denen abwechselnd Mais, Weizen und Kleegras angebaut werden. Jedes Jahr wandert die jeweilige Kulturpflanze eine Parzelle weiter. Diese Methode hat sich als vorteilhaft für das Mikroklima und die Düngerversorgung der Felder erwiesen.
Ein weiterer spannender Punkt: Es wird zunehmend Kichererbse angebaut – eine Antwort auf die zunehmenden Klimaextreme. Regelmäßige Bodenproben sind dabei unerlässlich, um die Bodenqualität zu überwachen. Anders als in Familienbetrieben, wo das Wissen oft weitergegeben wird, stützt sich PANNATURA hier stark auf detaillierte Aufzeichnungen.
Durch stetigen Wechsel der Kulturen sowie gezielten Einsatz von Zwischenfruchtanbau wie verschiedener Kleearten und den eigenen Festmist aus der Tierhaltung wird die Bodenfruchtbarkeit erhalten, die Versorgung der Pflanzen mit wertvollen Nährstoffen und das aktive Bodenleben sichergestellt sowie gegen Krankheiten und Schädlinge vorgebeugt.
Nach diesen interessanten Einblicken in den Ackerbau besuchen wir die Bio-Angus-Rinder und die Österreichisch-Ungarischen Steppenrinder, die ebenfalls Teil der Kreislaufwirtschaft von PANNATURA sind. Elisabeth lockt die Angus-Rindermit Futter an und erläutert uns deren Bedeutung. Der Seehof am Westufer des Neusiedlersees beherbergt derzeit 28 Angus-Mutterkühe und ihre Kälber. Die ursprünglich aus Schottland stammende Rasse Angus Aberdeen ist bekannt für ihre Anpassungsfähigkeit und ihr ruhiges Wesen. Obwohl diese Tiere langsamer wachsen und keine Schwergewichte erreichen, kommen sie hervorragend mit den Gräsern auf den extensiven Hutweiden zurecht.
Die Herde verbringt die Zeit von Frühling bis Herbst auf den Steppenrasen im Vorland des Sees, wo die Tiere gleichzeitig als Landschaftspfleger fungieren. Sie tragen dazu bei, die typische Kulturlandschaft zu bewahren, indem sie eine Verbuschung und Verschilfung verhindern. Im Winter leben die Rinder in einem Offenstall und werden mit Klee- und Wiesengräsern gefüttert, die im Frühjahr und Sommer geerntet werden.
Ein paar fröhliche Selfies mit den Kühen, begleitet von Streicheleinheiten, und schon steht uns eine tolle Verkostung bevor. Mit großer Freude genießen wir Leberkäse, Wildschweinwurst, Hirsch-Rohschinken und viele weitere regionale Köstlichkeiten, die zusammen mit dem hausgemachten Panonia-Brot perfekt harmonieren: Beim Stöbern nach regionalen Bio-Produkten nehmen wir ein paar schöne Souvenirs mit und werfen einen letzten Blick auf den malerischen Sonnenuntergang bevor uns der Bus entspannt in die Großstadt zurückbringt.
PANNATURA
Seehof 1
7082 Donnerskirchen
www.pannatura.at/landwirtschaft
Fotos: ÖKL, M.Koliha